

05254 — 05260
Leonardo da Vinci, Fragment über den Vogelflug [Cod. atlant. F. 65 V. nach Scognamiglio]: «Es scheint, dass es mir schon vorherbestimmt war, mich so gründlich mit dem Geier zu befassen, denn es kommt mir als eine ganz frühe Erinnerung in den Sinn, als ich noch in der Wiege lag, ist ein Geier zu mir herabgekommen, hat mir den Mund mit seinem Schwanz geöffnet und viele Male mit diesem seinen Schwanz gegen meine Lippen gestoβen.» – Vgl. Sigmund Freud: Eine Kindheitserinnerung des Leonardo da Vinci (1910), Frankfurt a.M. 1984, S. 51. Freud bezieht sich auf das Gemälde Heilige Anna selbdritt von Leonardo (1510), bei dem – als eine Art Vexierbild – das Gewand Marias einem Geierschwanz gleicht, der den Mund des Jesusknaben berührt. – Vgl. dazu den kritischen Artikel von Manfred Clemenz, Brillant misslungen. Sigmund Freuds Studie «Eine Kindheitserinnerung des Leonardo da Vinci», in: NZZ 26./27. Juli 2008, B2. – Der Geier galt bei den Ägyptern als Symbol der Mütterlichkeit, und man glaubte, es gäbe nur weibliche Geier, die vom Wind befruchtet würden.
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